Zuletzt aktualisiert am 12. November 2022 by Sabine Röltgen
Spekulieren. Was heißt das eigentlich?
Der Duden sagt dazu: etwas zu erreichen, zu erlangen hoffen; auf etwas rechnen. An der Börse spekulieren heißt: durch Spekulationen Gewinne zu erzielen suchen.
Genau darum geht es heute. Um Spekulieren an der Börse. Mit Einzelwerten.
Ganz kurz sage ich hier auch, warum es nicht geht: um gehebelte Finanzinstrumente. Das mache ich selbst nicht. Davon hab ich keine Ahnung. Will ich auch nicht.
Spekulierst du immer, wenn du an der Börse aktiv bist? Ich sehe das nicht so. Wenn ich Aktien eines Unternehmens wie Henkel, BASF oder Allianz kaufe, dann investiere ich. Aus meiner Sicht ist das KEINE Spekulation. Sondern eine sinnvolle langfristig angelegte Investition mit Aussicht auf eine Dividendenzahlung.
Spekulieren mit Einzelwerten – und darum geht es hier – heißt, dass du dir Unternehmen anschaust, die z.B. nicht so bekannt sind, wie die oben genannten. Sog. Hidden Chapmpions in der Provinz, mit wenigen Mitarbeitern und einer geringen Marktkapitalisierung. Auch Nebenwerte genannt
Marktkapitalisierung. Was war das nochmal? Marktkapitalisierung oder Börsenwert bedeutet, wieviel ein Unternehmen an der Börse wert ist. Also Anzahl der Aktien multipliziert mit dem Aktienkurs. Das ergibt den Börsenwert.
Wenn du an der Börse spekulierst, dann investierst du z.B. in Unternehmen,
- die einen geringen Börsenwert haben
- die ihren Sitz nicht in Deutschland haben
- die in Zukunfts-Branchen tätig sind und häufig (noch) keine Gewinne erwirtschaften.
Was musst du beachten, wenn du an der Börse spekulieren willst?
Investiere immer nur eine geringe Summe deines Geldes! Vielleicht 5, maximal 10 % deines Gesamtdepots.
An der Börse spekulieren kann Totalverlust bedeuten
Totalverlust ist möglich. Das ist mir bisher einmal in meiner Aktionärs-Karriere passiert.
Und daraus habe ich sehr viel gelernt! Ich hatte vor ca 16 Jahren in einen ungarischen Online-Spiele Entwickler investiert. Uproar hieß der Laden. Ich dachte: super Investition! Da bin ich meiner Zeit weit voraus, wenn ich da investiere. Online Gaming wird noch groß rauskommen!
So war es auch. Aber Uproar war dann nicht mehr dabei…. Irgendwann Anfang 2002 schaute ich in mein Depot und musste feststellen, dass die Uproar-Aktien da nicht mehr drin waren…
Ich war voll panisch. Eine hektische Internet-Recherche hat dann ergeben, dass die Firma Insolvenz angemeldet hatte. Aktien gab’s nicht mehr. Mein „Einsatz“ war weg! Und zwar komplett.
Das kann dir passieren beim Spekulieren. Dass du das Geld, dass du in ein Unternehmen investierst, komplett verlierst. Weil du darauf gehofft hast, dass die Firma bald Gewinne erwirtschaften wird. Dass „deine“ Firma es schon schaffen wird. Den nächsten heißen Scheiß produziert. Was auch immer.
Und manchmal klappt das auch.
Erfolgreich Spekulieren
Hier also mein zweites konkretes Beispiel. Dieses Mal ein positives. Ich hab 2013 Aktien eines israelischen Nebenwerts gekauft. Orad HiTechnologies.
Wie ich darauf gekommen bin? Dazu am Ende des Beitrags mehr.
Orad HiTec Sysems hat virtuelle Grafik-Lösungen für TV Produktionsfirmen gemacht. Ich war eingestiegen bei einem Aktienkurs von ca 1,50 Euro pro Aktie. Da dümpelte der Wert dann auch lange Zeit vor sich hin.
Dann fiel der Aktienkurs sogar kurzzeitig unter 1 Euro wegen schlechter Quartalsentwicklung. Entwickelte sich zum Pennystock.
Super, hab ich gedacht. Das hat sich ja toll gelohnt. Aber verkauft hab ich nicht. Es kam eine Erholung. Die Geschäfte liefen wieder besser. Der Aktienkurs auch. Stand dann bei 1,80 Euro, 2 Euro. Alles im grünen Bereich.
Und dann kam der Hammer! Orad HiTec wurde 2015 von einem israelischen Unternehmen gekauft! Das hatte ich natürlich nicht auf dem Schirm. Das kam unerwartet. Fand ich zuerst auch gar nicht so toll. Schließlich hatte sich der Aktienkurs ganz gut entwickelt. Ich war davon überzeugt, dass das Unternehmen weiterhin auf Erfolgskurs war. Und dann wurde es gekauft.
Orad wurde von der Börse genommen. Die Firma wurde eine 100prozentige Tochtergesellschaft von Avid Technology Inc. So heißt die Käufer-Firma.
Was passiert übrigens in so einem Fall? Wenn ein Unternehmen aus deinem Depot von einem anderen gekauft wird? Bleiben wir bei Orad. Ich bekam von meiner Direktbank die Info, dass die Firma gekauft worden ist. Es wurde mir mitgeteilt, ab wann Orad nicht mehr an der Börse notiert sein würde.
Die Käufer-Firma hat mir ein Angebot für meine Aktien unterbreitet. Das habe ich seinerzeit nicht angenommen. Ich habe darauf spekuliert, dass ich noch einen etwas höheren Preis erzielen könnte, wenn ich noch abwarte. Das war auch der Fall. Verkauft habe ich für ca 5,80 Euro pro Aktie.
Das Angebot lag übrigens bei 5,65 Euro. Hat sich nicht mega gelohnt, okay. Aber etwas doch…
Ich habe Orad HiTec gut 2 Jahre in meinem Depot gehabt. Und habe ein Plus von knapp 290 % erzielt. Das war eine erfolgreiche Spekulation!
Kauf ich doch eigentlich immer Aktien, um diese zu halten. Und zwar länger. Gerne 5 Jahre und mehr. Das hätte ich bei Orad auch so gemacht. Da ist mir dann ein Verkauf dazwischen gekommen. Aber – es hätte schlimmer kommen können…
Wie finde ich Unternehmen zum Spekulieren?
Wie bin ich auf diese „spekulativen Nebenwerte“ gekommen? Wo habe ich die gefunden? Recherche, Zeitungen und Magazine lesen, überlegen, was „Trend“ ist oder werden könnte. Und dann eine kleine Aktien-Position kaufen.
Kannst du das auch machen? Klar, wenn du Lust hast, ein wenig Zeit, und – ganz wichtig – schon ein paar Jahre Erfahrung hast mit Aktien. Das halte ich für mega-wichtig. Mach das nicht, wenn du mit Aktien gerade anfängst. Wenn das schief geht, siehe mein erstes Beispiel, ärgerst du dich schwarz und kaufst womöglich nie mehr Aktien. Das wäre fatal!
Und mach das auch nicht, wenn du kein Geld übrig hast. Ich benutze den Begriff „Spielgeld“ sehr ungern. Aber in diesem Zusammenhang mache ich da eine Ausnahme. Spekulieren darfst du nur mit dem Geld, dass du verlieren kannst. Dein „Spielgeld“.
Wenn du einen Totalverlust erleidest, dann verbuchst du das unter Lehrgeld. Das müssen wir alle mal zahlen. Auch, wenn du AktionärIn bist.
Aber du musst davon nicht deine Miete bezahlen, deine Versicherungen oder deine Lebensmittel. Und du nimmst dafür auch keinen Kredit auf. Das wäre total bekloppt. Und das bist du nicht!
Also, wann darfst du dir erlauben, auch einmal mit Aktien zu spekulieren?
Wenn du schon mindestens 3 Jahre Erfahrungen mit Aktien hast. Du hast ein eigenes Depot, du hast schon Aktien kauft, du bist schon „sicher“ mit dem Thema.
Wenn du Geld übrig hast. Du investierst in deine Spekulation 5, höchstens 10 Prozent von deinem Gesamtdepot. Höchstens.
Wenn du einen Totalverlust erleidest, buchst du das unter Lehrgeld ab. Du geißelst dich nicht wochenlang, weil du einen „Fehler“ gemacht hast. Hast du nicht. Du hast Erfahrungen mit Aktien gesammelt. Das gehört dazu.
Wer hinfällt, steht wieder auf. Du hast ja nur einen kleinen Teil deiner Investitionssumme für deine Spekulation genutzt. Das ist okay.
Du machst eine Analyse, was du bei deiner eventuellen nächsten Spekulation besser machst. Wie du eine „kompetentere“ SpekulantIn wirst. So nach dem Motto: Ich spekuliere hin und wieder. Aber sicher. Unter „sicher“ verstehe ich hier tatsächlich Sicherheit. Im Sinne von du investierst nicht in einen „heißen“ Scheiß, wie ich mit meinem Online Gaming. 10 Jahre zu früh.
Spekuliere ich jetzt auch noch ab und zu? Aber sicher!
Herzliche Grüße und denk immer dran: #boerserockt
Sabine